Titel: #17 Anruf gegen Einsamkeit: Die Telefon-Engel vom Retla e.V.
Shownotes
Hier gibt's mehr Infos zu den Telefon-Engeln: https://retla.org/telefon-engel/ Und unter diesem Link könnt ihr euch über Einsamkeit informieren: https://www.stmgp.bayern.de/vorsorge/einsamkeit/
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00:00:00: Der war dann mal weit weg auf den Seychellen und hatte mich
00:00:04: von dort aus auch angerufen in in dem Rhythmus. Mhm. Also das
00:00:08: fand ich großartig. Und einmal war er mit mit seinem Sohn,
00:00:10: glaube ich, in Paris. Und da hat er mich auch angerufen. Und
00:00:13: das ist das fand ich irgendwie - dachte ich mir, er vergisst
00:00:17: mich nicht. Ich kriege den Anruf. Und das ist
00:00:21: schön. Das ist wunderschön, ja.
00:00:27: Hier habt ihr gerade Frau Schwarze gehört und ihr habt
00:00:30: vielleicht gemerkt, die Anrufe, von denen sie spricht, spielen
00:00:33: eine große Rolle in ihrem Leben. Warum das so ist, darum
00:00:35: geht's in dieser Folge. Mein Name ist Beate Strauß und ihr
00:00:38: hört Rund um Gesund. Ein Podcast des Bayerischen
00:00:41: Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und
00:00:43: Prävention.
00:00:47: Ich darf heute Frau Schwarze kennenlernen. Gut, eigentlich
00:00:51: heißt sie anders, aber für diese Folge nennen wir sie auf
00:00:54: ihren Wunsch hin so. Denn wir sprechen über ein ziemlich
00:00:56: sensibles und auch persönliches Thema, die Einsamkeit.
00:00:59: Einsamkeit ist ja mal per se ganz subjektiv. Wir fühlen uns
00:01:02: nämlich dann einsam, wenn das, was wir uns an sozialen
00:01:05: Interaktionen und Beziehungen wünschen, nicht dem entspricht,
00:01:07: was auch wirklich ist. Frau Schwarze ist 76 Jahre alt. Sie
00:01:11: wohnt schon sehr lange in München und bei ihr hat sich
00:01:14: vieles im Jahr 2020 verändert. 2020, da habe ich
00:01:19: drei Todesfälle gehabt. Also meine Mutter ist verstorben,
00:01:23: mein Bruder ist verstorben und eine gute Freundin, mit der ich
00:01:26: jeden Sonntagabend auch Telefonate geführt habe und
00:01:30: auch über Kunst und Kultur gesprochen, obwohl sie nicht in
00:01:33: München lebte, die lebte in Bremen. Und das war auch
00:01:37: so eine Regelmäßigkeit und die ist eben auch 2020
00:01:41: verstorben. Und das waren eben auch drei - meine Mutter,
00:01:44: die habe ich auch oft telefoniert und das waren eben auch
00:01:47: drei wichtige Personen. Und das war dieses Weihnachtsfest, da
00:01:51: war ja auch Corona Lockdown. Das war ein schreckliches
00:01:55: Weihnachtsfest und ein schreckliches Silvester,
00:01:59: Neujahrswechsel. Von jetzt auf gleich steht Frau Schwarze also
00:02:03: ohne soziales Umfeld da. Und neben diesen privaten
00:02:06: Schicksalsschlägen bringt quasi zeitgleich auch Corona jede
00:02:08: Menge Einschränkungen, auch für ihr eigenes Ehrenamt. Ja, ich
00:02:12: habe Kinder von der Schule abgeholt und nach Hause
00:02:14: gebracht und habe gewartet mit denen, bis die Eltern kommen
00:02:17: und teilweise manchmal habe ich sogar Abendbrot gemacht, also
00:02:19: kalte Brot oder so was gemacht, ja. Das war war schön, ja. Und
00:02:25: das Corona hat das alles irgendwie auch kaputt gemacht.
00:02:28: Das stimmt. Da fehlt dann auch so eine
00:02:32: Aufgabe, ne? Kann ich mir ich habe war ja auch ängstlich,
00:02:36: wissen Sie? Wenn ich in eine Familie reingehe, ich musste ja
00:02:39: abends die Kinder dorthin bringen und in der Familie
00:02:41: warten und da habe ich auch Angst gehabt. Ich
00:02:45: hatte immer Angst wegen Ansteckungen und so. Und
00:02:48: wegen Impfen, das kam mir erst viel später dann erst. Ihr
00:02:51: merkt schon, da kam auf einmal jede Menge zusammen und so geht
00:02:54: es nicht nur Frau Schwarze. Es gibt keine offiziell amtlichen
00:02:57: Statistiken zur Einsamkeit. Laut verschiedener Befragungen
00:03:00: leiden in Deutschland aber zwischen 5 und 20 Prozent der
00:03:03: Erwachsenen sehr häufig darunter. Einsam kann man in
00:03:07: jedem Alter sein, aber das junge Erwachsenenalter und auch
00:03:10: das hohe Lebensalter scheinen besonders sensibel dafür zu
00:03:12: sein. Für Frau Schwarze ist 2020 also der Tiefpunkt. Damals hört
00:03:17: sie einen Werbespot im Radio. Dabei geht es um das Projekt
00:03:20: Telefonengel, eine Art Telefonpartnerschaft, bei der
00:03:23: sich einsame Seniorinnen und Senioren melden können. Hat es
00:03:27: viel Überwindung gekosteter anzurufen für sie? Ja. Wieso?
00:03:30: Ja, na ja eigentlich nicht, aber aber ich dachte immer,
00:03:33: brauche ich's, brauche ich nicht? So. Das war
00:03:36: die Frage. Ja, so. Und dann habe ich am 12. Januar
00:03:42: angerufen und am 13. Januar hat mich dann gleich mein
00:03:46: Telefonengel angerufen. Oh, das ging schnell. Schon denn dann auch schon der Herr
00:03:50: Suiter? Ja, ja. Ah ja, ja. Wie war denn dann dieses erste
00:03:53: Telefonat mit dem Herrn Suiter? Weil das war ja im Prinzip erst
00:03:56: mal ein Fremder für Sie. Ja, weil ich habe gedacht, da
00:03:58: stimmt was nicht. Weil dachte mir was ruft ein Mann mich
00:04:01: an, ich habe mit einer Frau gerechnet. Ach so. Ja, ich habe
00:04:04: ich habe mit der Frau gerechnet und dann hat es sich aber gleich
00:04:09: herausgestellt, dass das okay war. Dieser Telefonengel Martin
00:04:14: Suiter ist übrigens auch heute beim Gespräch dabei. Und vorher
00:04:16: hat er sie extra mit dem Auto abgeholt. Er ist 57 und lebt
00:04:20: auch in München. Seit fast drei Jahren haben er und Frau
00:04:23: Schwarze eine Telefonpatenschaft. Sie
00:04:25: sprechen sich also einmal die Woche für etwa eine Stunde. War
00:04:28: Einsamkeit, jetzt bevor sie mit den Telefonengeln was zu tun
00:04:31: hatten, überhaupt ein Thema für sie? Es war insofern ein Thema,
00:04:34: weil's mir natürlich geht wie wahrscheinlich ganz, ganz
00:04:38: vielen in Deutschland, dass man zu weit weg wohnt von der
00:04:42: Tante der Oma, den Eltern und man ja immer auch so bissel
00:04:46: latente ein schlechtes Gewissen hat, wenn man eine Woche mal
00:04:49: nicht angerufen hat und gefragt hat, wie's geht und daher
00:04:53: ist mir das, wie gesagt, wie vielen wahrscheinlich
00:04:57: durchaus geläufig und dann habe ich das im Radio gehört, dass
00:05:00: es diese Aktion gibt von Retla und ins Leben gerufen wird,
00:05:04: diese Telefonengel. Und ich dachte mir, ich bin so viel im
00:05:06: Auto unterwegs, gar kein Problem, da kann ich doch immer
00:05:09: mit jemand telefonieren und habe mich daraufhin gemeldet.
00:05:11: Aber meine Telefonpartnerin hat dann nach dem dritten Gespräch
00:05:15: schon klar festgestellt, dass sie nicht immer zur
00:05:19: Verfügung steht, sondern nur strikt am Sonntagabend um
00:05:23: halb acht. Okay. Und das musste ich erst lernen und verstehen,
00:05:27: weil man natürlich zuerst denkt, ja jetzt bin ich doch
00:05:30: der Telefonengel und wieso bringt man mich jetzt da
00:05:33: in eine Gesprächsschiene? Aber ich habe dann einfach
00:05:37: verstanden, dass Menschen, die einsam sind und die dann
00:05:43: vielleicht auch noch älter sind, einen bestimmten Rahmen
00:05:46: brauchen. Und diesen Rahmen habe ich als einer der
00:05:51: flexibler handelt und eine Familie hat und so weiter
00:05:55: einzuhalten, weil dieser Rahmen gibt Sicherheit, gibt
00:06:00: Vertrautheit und eine Kontinuität und und das hilft
00:06:05: einfach und wenn man sich daran hält und wenn man das versteht,
00:06:09: dann - diese Rücksicht, glaube ich, gehört einfach da dazu.
00:06:13: Herr Suiter auch Frau Schwarze verbindet ein gemeinsames
00:06:16: Interesse für Kunst und Kultur. Das haben beide auch von
00:06:20: vornherein im Projekt angegeben und wurden dadurch erst
00:06:23: zueinander vermittelt. Kunst ist für mich alles, das ist für
00:06:27: mich, ich darf eigentlich gar keine
00:06:29: Kunstausstellung versäumen. Tut mir dann leid,
00:06:34: wenn's irgendwie nicht geht, wenn man mal krank ist oder
00:06:36: irgendwie. Aber da haben sie ja auch in München jede Menge Auswahl. Ja.
00:06:39: Auswahl gibt's ja viel. Meine Dame hat weder ein Handy noch
00:06:45: einen Internetzugang und da habe ich auch lernen müssen,
00:06:49: was das heißt, damit umzugehen als älterer Mensch, der für
00:06:55: Kunst und Kultur interessiert ist, der mit Corona
00:06:58: zurechtkommen muss und nur ein Beispiel, es gibt ganz
00:07:04: tolle hochinteressante Ausstellungen im Kunstfoyer der
00:07:07: Bayerischen Versicherungskammer und da war während der
00:07:10: Corona-Zeit war Online-Ticket-Pflicht. Und jetzt meine Seniorin konnte
00:07:16: das eben online nicht machen. Man konnte immer nur eine Woche
00:07:20: vorher das Ticket buchen, musste das dann ausgedruckt
00:07:24: dabei haben, damit man den Zugang bekommt und dann habe
00:07:27: ich gedacht, das kann doch nicht sein und habe dann bei
00:07:29: der Verantwortlichen in der Bayerischen Versicherungskammer
00:07:32: angerufen und habe gesagt, Sie ich habe da den Fall und das
00:07:35: gibt's ja sicher öfters, dass Senioren das nicht können oder
00:07:37: nicht umgehen damit. Ob man da nicht eine Lösung finden
00:07:40: können, das anders zu Und die Antwort war nein. Folge
00:07:47: ist, dass wir jetzt immer so gemacht haben, dass dann
00:07:51: Frau Schwarzer immer gesagt hat, Herr Suiter, ich würde
00:07:54: gerne in die und die Ausstellung gehen und zwar
00:07:56: nächste Woche um fünfzehn Uhr dreißig. Das geht immer im
00:07:59: eineinhalb Stunden Rhythmus und könnt sie mir da das Ticket
00:08:02: besorgen? Das heißt, ich hab's dann ausgedruckt und hab's dann
00:08:05: geschickt oder wenn ich nicht in Deutschland war, haben's die
00:08:07: Kinder ausgedruckt und dann haben's die geschickt
00:08:10: per Post und dann konnte Frau Schwarzer dahin gehen.
00:08:14: Genauso ist es auch mit - zum Beispiel Frau Schwarzer
00:08:17: geht gerne in die Kantine und manche Kantinen
00:08:23: geben aber diesen Essensplan nicht mehr analog aus, also
00:08:27: ausgedruckt. Frau Schwarzer muss aber wissen, wann kann sie
00:08:31: gehen, weil sie hat eine Histaminunverträglichkeit hat und
00:08:35: so weiter, sind ja alles legitime Einschränkungen und
00:08:38: das heißt, ich lese dann immer am Dienstagabend oder am
00:08:42: Sonntagabend, je nachdem, wann wir uns sprechen, den
00:08:44: Essensplan vor und dann weiß eben Frau Schwarzer okay, am
00:08:48: Dienstag kann ich gehen, am Mittwoch kann ich nicht gehen
00:08:51: und richtet sich dann danach und es so haben wir also auch
00:08:55: noch quasi eine Digitalpartnerschaft. Kantine
00:08:59: ist ja vielleicht auch so ein Ort, wo man mit Leuten in
00:09:01: Kontakt kommt, ne? Das ist ja das ist eben wichtig dorthin zu kommen. Das ist das Wertvolle:
00:09:05: Unter Leuten zu sein, selbst wenn ich mit niemand spreche, aber ich
00:09:08: bin unter Leuten, ich kann was sehen, ich komme raus,
00:09:12: muss mich bewegen, muss Bus, Bahn verwenden und so
00:09:17: weiter, was ganz wichtig ist. Ihr merkt schon, Martin Suiter wird
00:09:20: nach einer Weile vom Telefonhelfer zum Alltagshelfer
00:09:23: und damit auch zu einer tollen Stütze für Frau Schwarze. Aber
00:09:26: natürlich geht's bei den Telefonengeln im Grunde erst
00:09:28: mal um schöne Gespräche über dies und das. Was hat das denn
00:09:31: für einen Stellenwert, wenn Sie wissen, so einmal die Woche
00:09:33: sprechen sie mit dem Herrn Suiter? Ja, das ist schon
00:09:36: wichtig, weil ich ihm auch oft erzählen kann,
00:09:40: wenn ich in eine Ausstellung gesehen habe. Da können wir
00:09:43: drüber reden oder er macht ja auch sehr viel Reisen und so
00:09:47: und da geht er ja auch, schaut er sich Kultur
00:09:50: und Kunst an. Und da kann er mir das auch erzählen. Das
00:09:53: ist immer auch sehr interessant für mich und manche Dinge, die
00:09:56: er dann auch gesehen hat, habe ich auch schon mal gesehen vorher.
00:09:57: Was weiß ich, vor 20 Jahren oder so, ja
00:10:01: genau. Und das ist dann sehr sehr interessant. Lustigerweise
00:10:05: ergibt sich das so auch, dass man nach einer dass es so eine
00:10:08: Stunde füllt, was man alles in der Woche erlebt hat und
00:10:11: erzählt hat und es ist ja beiderseitig. Meine Dame
00:10:15: erzählt mir, was sie erlebt hat in der Woche. Ich erzähle, was
00:10:19: ich und wir erlebt haben mit unserer Familie und wir
00:10:23: haben uns dann aus verschiedenen Gründen einfach
00:10:25: dann auf den Dienstag verlegt, aber dann Dienstag halb neun.
00:10:29: Und das klappt eigentlich auch immer ganz gut, weil wir
00:10:31: festgestellt haben, da haben wir beide eigentlich bequem
00:10:33: Zeit und in meinem Fall haben dann die Kinder auch
00:10:37: schon gegessen und dann sitze ich da aufm Sofa und dann rufe
00:10:41: ich an. Jetzt ist natürlich die Frau Schwarze Ihre
00:10:44: Telefonpartnerin quasi, ist da Ihre Familie jetzt aber auch
00:10:47: irgendwie involviert in diese Beziehung, weil es ist ja
00:10:49: zeitintensiv und sie teilen ja auch viel von ihrem
00:10:51: persönlichen Leben mit ihr. Ja, aber das macht auch Spaß.
00:10:56: Also erstens interessiert sich Frau Schwarzer für das, was wir
00:10:59: machen und wie sie selber sagen, dieses persönliche
00:11:02: schwingt immer mit. Man erzählt vom Urlaub, man erzählt von den
00:11:04: Alltäglichen Dingen und man erzählt davon, meine Tochter ist gerade
00:11:08: 18 geworden und so weiter und so fort. Und die Kinder
00:11:11: wiederum wissen genau, dass diese Stunde für Frau Schwarzer
00:11:15: reserviert ist in der Woche und dann wird immer gesagt, bitte
00:11:19: liebe Grüße an Frau Schwarzer und sag uns, wie's ihr geht
00:11:23: und so weiter und oder was sie erlebt hat und so ist sie
00:11:26: auch immer Thema bei uns am Tisch. Das ist eine ganz
00:11:30: schöne Gemeinschaft auch, weil so auch die Kinder zum
00:11:34: einen das Gefühl kriegen, dass da draußen Menschen leben,
00:11:38: die einfach sonst niemand haben. Und andersrum ist
00:11:42: es natürlich für Frau Schwarzer ganz nett, immer zu hören, was
00:11:45: es für kleine Glücksmomente und Katastrophen in so einer
00:11:48: Familie gibt, diese netten Anekdoten vom Auf
00:11:53: und Ab. Und bleibt's dann beim Hörensagen oder sind die auch
00:11:56: mal bei so einem Spaziergang oder so dabei? Nein, wir waren
00:11:59: letztes Jahr zum Beispiel alle zusammen beim Weihnachtsessen
00:12:02: mit einem großen Tisch und je nachdem wer Zeit hat
00:12:07: oder wer wer mit kann ist das schon mal, ist das schon mal
00:12:10: drin, dass man sich eben da persönlich auch kennenlernt.
00:12:13: Das klingt ja schon nach sehr viel Engagement jetzt auch von
00:12:15: Ihrer Seite aus. Ist es denn jetzt noch der normale Rahmen,
00:12:18: sage ich mal, einer normalen Telefonpartnerschaft oder wie
00:12:20: hat sich Ihre Beziehung vielleicht auch entwickelt in
00:12:22: den letzten drei Jahren? Ja, ich habe gehört, dass es
00:12:28: nicht der normale Rahmen ist. Also wir gehen auch - nicht oft,
00:12:32: aber wir gehen mal essen zusammen oder wir gehen mal
00:12:35: auch spazieren. Frau Schwarze sagt natürlich immer,
00:12:38: wir gehen zu wenig spazieren miteinander, aber wir machen
00:12:42: das und das ist halt unsere Art, damit umzugehen. Ich
00:12:45: kann aber sehr gut verstehen und es ist durchaus akzeptabel
00:12:49: und die meisten verwenden ihre Zeit eben für dieses
00:12:53: Telefongespräch. Organisiert wird das ganze Projekt übrigens
00:12:57: vom Retla e.V. aus München. Das ist eine Art Hilfsorganisation,
00:13:00: die sich speziell an ältere Menschen richtet. Gegründet
00:13:03: wurde die von Judith Prem. Deutschlandweit wurden über die
00:13:06: Telefonengel schon über 1000 Patenschaften vermittelt, davon
00:13:09: 600 in Bayern. Die Nachfrage scheint also echt groß zu sein.
00:13:13: Wir haben über 1200 Ehrenamtliche Telefonhelfer
00:13:18: bei uns im System, auf die wir zurückgreifen können. Also es
00:13:21: ist schon eine ganze Menge Menschen, also knapp
00:13:23: zweieinhalbtausend Menschen, die wir letztendlich verwalten,
00:13:26: die wir betreuen, begleiten, weil beide Seiten ja sich auch
00:13:30: jederzeit an uns wenden können, wenn's irgendwie zu Problemen
00:13:34: kommt, wenn vielleicht ein Helfer nicht mehr die Zeit
00:13:37: mitbringen kann, einen Senior irgendwie umzieht, wie auch
00:13:40: immer. Also diese Betreuung der Patenschaften
00:13:43: geht ja weiter, auch nachdem wir sie vermittelt haben.
00:13:47: Jetzt sprechen wir die ganze Zeit von Seniorinnen und Senioren. Wie
00:13:50: alt muss man denn sein, um dieses Angebot auch
00:13:52: in Anspruch nehmen zu können? Also die Zielgruppe, der
00:13:55: wir helfen wollen, wir sagen bei allen unseren Projekten,
00:13:57: die wir machen, ist immer ältere Menschen ab 60 Jahren.
00:14:00: Die können sich bei uns anmelden und Helfer haben wir
00:14:03: von jung bis alt, unsere jüngste Helferin war 16,
00:14:05: unsere Älteste war 96. Wir haben
00:14:08: tatsächlich auch viele ältere Menschen, die von dem Angebot
00:14:12: hören und sagen, eigentlich bin ich Ihre Zielgruppe, aber ich
00:14:15: bin selber noch so fit, dass ich was abgeben kann und ich
00:14:19: engagiere mich bei Ihnen als Telefonhelfer, weil auch
00:14:23: wenn ich mich sozial engagiere, ich was tun kann gegen meine
00:14:26: eigene Einsamkeit, letztendlich präventiv, was einfach
00:14:31: vorbeugen kann, dass ich selber nicht einsam werde. Selbst
00:14:33: aktiv etwas Einsamkeit zu tun. Das scheint besonders wichtig
00:14:36: zu sein. Frau Schwarze hat übrigens nach vielem Nachfragen
00:14:40: in der Nachbarschaftshilfe ihrer Gemeinde noch eine
00:14:42: weitere Person vermittelt bekommen, mit der sie jetzt ab
00:14:44: und zu spazieren geht und auch Ausstellungen besucht. Gibt's
00:14:47: denn was, was Sie jetzt Menschen, die über einen
00:14:50: längeren Zeitraum sich einsam fühlen? Was Sie denen
00:14:53: vielleicht auch raten können, jetzt wo sie ja gewisse
00:14:56: Werkzeuge und Angebote gefunden haben, die ihnen im Alltag da
00:15:01: helfen. Ja, wissen Sie, das ist so schwierig, weil wenn jemand
00:15:04: nicht den Mut hat. Man muss wirklich einen Mut haben,
00:15:08: sondern irgendwo anzurufen, es kann ja auch nicht
00:15:12: klappen. Es es ist ja ist ja nicht gesagt, dass ich irgendwo
00:15:15: anrufe, dass das dann klappt. Man muss einfach seinen
00:15:19: Mut zusammennehmen und und probieren. Einfach probieren.
00:15:23: So das würde ich jemand raten. Einfach probieren. Sie
00:15:28: sind aber heute so mutig über dieses Thema Einsamkeit zu
00:15:31: sprechen. Da sind sie auch eine von wenigen die das
00:15:34: vielleicht auch machen würden. Denn ich habe das Gefühl
00:15:37: Einsamkeit wird ein bisschen, ja als Scham behaftet
00:15:41: wahrgenommen. Ist das was was sie unterstreichen können? Ist
00:15:45: das ein Tabuthema für Sie? Ich hab's oft schon gelesen, dass
00:15:49: sich Leute schämen, aber ich ich schäme mich nicht. Ich sage
00:15:52: das dann auch, dass ich einsam bin. Und wenn ich das
00:15:55: sagen kann, dann schäme ich mich nicht. Vielleicht ist es
00:15:59: sogar wichtig, dass man es anspricht, dass man sagt, ich
00:16:02: bin einsam und wenn der andere weiß, da ist jemand einsam,
00:16:05: dann kann ich auch anders handeln. Gibt's denn ein
00:16:10: schönes Erlebnis, dass sie aus dieser Telefonpartnerschaft
00:16:14: mitgenommen haben, von dem sie mir berichten können? Das sind ja
00:16:18: immer schöne Erlebnisse. Jede Woche, jede Anruf ein
00:16:23: Highlight? Ja. Weil's ja immer was Besonderes ist#,
00:16:28: immer wieder anders, nicht? Also und das fand ich
00:16:32: auch sehr am Anfang sehr sehr schön, der war da mal
00:16:36: weit weg auf den Seychellen, Seychellen war das. Ja genau
00:16:41: und hatte mich von dort auch aus angerufen. In in dem
00:16:45: Rhythmus. Das also das fand ich großartig. Und einmal
00:16:49: war er mit mit seinem Sohn, glaube ich, in Paris. Und da
00:16:52: hat er mich auch angerufen. Und das ist, das fand ich irgendwie,
00:16:54: dachte ich immer, er vergisst mich nicht. Ich kriege
00:16:59: den Anruf. Und das ist schön. Es ist wunderschön, ja.
00:17:03: Und dann auch so exotische Anrufe, ne? Überall aus der
00:17:06: Welt. Ja. Ist natürlich, da haben Sie natürlich auch einen
00:17:08: Jackpot gelandet. Dann frage ich auch immer Was gibt's da? Was war da oder so, ne? Und da gab's
00:17:12: dann - ich mag so gern Schildkröten und in den Seychellen
00:17:15: gibt's glaube ich irgendwie größere Schildkröten
00:17:18: oder so und da haben wir dann auch drüber gesprochen. Und da
00:17:21: habe ich sogar so eine kleine Holzschildkröte, die hat er mir von
00:17:25: den Seychellen mitgebracht. Die hat einen schönen Ehrenplatz bei mir zu
00:17:28: Hause. Das Herausragendste für mich ist,
00:17:31: dass Frau Schwarze am Anfang sehr vorsichtig war,
00:17:37: sehr zurückhaltend, sehr ängstlich auch in
00:17:41: ihrem Tun und dann haben wir das a bissel durch
00:17:47: Herausforderungen erreicht. Mittlerweile
00:17:53: geht sie sehr viel mit mehr Stimmung schon ans Telefon und
00:17:59: meldet sich und ich finde auch, sie hat auch wirklich
00:18:04: Teile ihrer Ängste ablegen können in diesen drei Jahren,
00:18:07: traut sich mehr zu, traut sich mehr zu machen, traut sich
00:18:11: mehr rauszugehen und eben aus dieser Isolation auch
00:18:16: rauszukommen und zwar nicht nur, weil wir das sind,
00:18:20: sondern motiviert wird, eben auch was zu tun und das ist
00:18:25: auch ein ganz wichtiger Punkt, weil sonst hat man niemand um sich
00:18:27: herum, der eine mal einen Tritt in den Hintern gibt. Und
00:18:32: das mache ich natürlich ganz, ganz vorsichtig, aber ich habe
00:18:35: das Gefühl, das hat wirklich was bewirkt. Und das ist die
00:18:38: größte Freude, die mir jede Woche zuteil wird. Einsamkeit
00:18:44: ist ein ernstzunehmendes Problem und sie kann sogar
00:18:47: körperliche Folgen haben. Das habe ich nämlich in unserer
00:18:50: letzten Kompaktwissenfolge rund um Einsamkeit gelernt. Da habe
00:18:54: ich mit Professor Frider Lang von der FAU Erlangen-Nürnberg
00:18:56: gesprochen und er hat mir erklärt, wie Einsamkeit
00:18:59: überhaupt entsteht und was sie psychisch und körperlich mit
00:19:02: uns macht. Hört da gern auch mal rein.
00:19:08: Ich freue mich, dass wir in dieser Folge so ein positives
00:19:11: Projekt vorstellen durften. Mehr Infos zu den Telefonengeln und
00:19:14: auch weiteren tollen Projekten gegen Einsamkeit findet ihr wie
00:19:17: immer in den Shownotes. Danke, dass ihr heute dabei wart und
00:19:20: bis dann.
Yvonne
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